Studie zur Außer-Haus-Verpflegung

Artikel vom 11. Juni 2024
Projektierungen und Beratungen

Wie isst Deutschland außerhalb der eigenen vier Wände nach Corona? Homeoffice, monatelange Schließungen und gestörte Lieferketten haben die Branche teils deutlich verändert. Welchen Herausforderungen der Außer-Haus-Verpflegungsmarkt (AHV) ausgesetzt ist, was die Zukunft bringen und wo die Politik noch besser unterstützen kann, beschreibt eine neue Studie im Auftrag der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG), die von der Food-Expertin Prof. Dr. Jana Rückert-John ausgearbeitet wurde.

Umsatz Markt Individualverpflegung 2023 nach Segmenten in Milliarden Euro (Grafik: DZG).

Umsatz Markt Individualverpflegung (IV) 2023 nach Segmenten in Milliarden Euro (Grafik: DZG).

Der Außer-Haus-Verpflegungsmarkt ist ein wichtiger wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktor. Mit einem Gesamtumsatz von 84,5 Milliarden Euro im Jahr 2023, rund 11 % mehr im Vergleich zum Vorjahr und rund 2 % mehr im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019, hat AHV eine hohe wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz in Deutschland, denn nahezu alle nutzen mehr oder weniger regelmäßig externe Essensangebote.

Corona-Effekte verändern Gästeverhalten

Die neue DZG-Studie kann aufzeigen, dass sich bei der individuellen Außer-Haus-Versorgung seit Corona vieles verändert hat: Die jährlichen Besucherzahlen reichen mit 8,79 Milliarden Besuchen noch nicht wieder an den Wert von 2019 heran (9,8 Milliarden Besuche). Der Anstieg der Umsätze erklärt sich dadurch, dass die Gäste pro Besuch mehr ausgeben. Der Durchschnitts-Bon lag 2023 bei 10,21 Euro pro Besuch, im Vergleich zu 9,64 Euro im Jahr 2019.

Umsatzentwicklung im IV-Markt nach Segmenten, Veränderungen zum Jahr 2019 in Klammern (Grafik: DZG).

Umsatzentwicklung im IV-Markt nach Segmenten, Veränderungen zum Jahr 2019 in Klammern (Grafik: DZG).

Als Hauptgrund hierfür identifiziert die Studie gestiegene Preise. Anstelle der Bedien- und Hotelgastronomie, die 2019 noch den Markt anführte, erzielte die Schnellgastronomie im Jahr 2023 mit 32,74 Milliarden Euro den größten Marktanteil und erreichte dabei eine Umsatzsteigerung von 16,1 %. Zu den wesentlichen Gründen zählt die Studie den anhaltenden Trend zu Homeoffice und die Nutzung von Lieferservices, die gestiegene Preissensibilität der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie den Arbeitskräftemangel, der sich vor allem in der bedienorientierten Gastronomie negativ bemerkbar mache.

Herausfordernde Personalsituation

Der Branche fehlen laut DZG bereits heute gut 100.000 Arbeitskräfte und laut einer aktuellen Prognose der Denkfabrik und des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO könnten bis zum Jahr 2030 noch einmal weitere 600.000 Mitarbeitende aus Tourismus, Hospitality und Foodservice in den Ruhestand gehen. Der gesamte Dienstleistungssektor werde nach den Umsatzeinbrüchen während der Pandemie nicht mehr als krisensicherer Arbeitgeber wahrgenommen.

Als Lösungen werden verbesserte Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen, höhere Gehälter sowie New-Work-Angebote genannt. Insbesondere mehr Einstiegsmöglichkeiten für Quereinsteigerinnen und -einsteiger sowie ausländisches Personal könnten der Branche helfen, so der Lösungsansatz der DZG-Studie.

Laut DZG-Vorstandssprecher Dr. Marcel Klinge seien die Lockerungen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes jedoch noch nicht ausreichend, um das sich zuspitzende Personalproblem in den Griff zu bekommen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) gehe davon aus, dass eine jährliche Nettozuwanderung von mindestens 400.000 Arbeitskräften nötig sei, um das derzeitige Arbeitskräfteangebot aufrechtzuerhalten. Mit den neuen Zuwanderungsregeln würden jedoch nur 65.000 bis 75.000 zusätzliche Arbeitskräfte pro Jahr gewonnen – und das für die gesamte deutsche Wirtschaft, so Klinge.

Vorstellung der Studie (v. l.): Prof. Dr. Jana Rückert-John, Studienleiterin, Dr. Marcel Klinge, DZG-Vorstandssprecher, sowie Martina Rozok (Bild: DZG).

Vorstellung der Studie (v. l.): Prof. Dr. Jana Rückert-John, Studienleiterin, Dr. Marcel Klinge, DZG-Vorstandssprecher, sowie Martina Rozok (Bild: DZG).

Schnellere Verfahren, insbesondere bei der Terminvergabe in den deutschen Botschaften, weniger Bürokratie und ein einfacheres Onboarding nach der Einreise würden helfen. »Außerdem werben wir dafür, dass im nächsten Schritt bereits ein unbefristeter Arbeitsvertrag für eine Arbeitserlaubnis reicht. Unsere Betriebe sind Integrationsweltmeister – wenn uns die Politik lässt«, so der ehemalige Bundestagsabgeordnete Dr. Klinge.

Entlastungspotenzial Digitalisierung

Auch weitere Digitalisierungsanstrengungen könnten zu besseren Arbeitsbedingungen beitragen. Während der Pandemie lag der Fokus vor allem auf Prozessen wie digitale Tischreservierung und Essensvorbestellung, Homeoffice-Möglichkeiten für Mitarbeitende und Lieferservice. Durch den verstärkten Einsatz von Koch- und Servicerobotern, Selbstbedienungsterminals oder auch künstlicher Intelligenz für Recruiting-Prozesse soll die Gastronomie aber auch dem Arbeitskräftemangel etwas entgegensetzen können.

Es wird jedoch angeführt, dass die neuen Technologien kostenintensiv sind. Am wichtigsten sei jedoch die Akzeptanz der digitalen Neuerungen bei den Gästen. »Die Branche benötigt außerdem mehr finanzielle Förderung, um die notwendigen Investitionen in Digitalisierung- und Automatisierung auch stemmen zu können«, ergänzt Klinge.

Nachhaltig wirtschaften und kochen

Auch das Thema Nachhaltigkeit betreffe als eine der drängendsten Aufgaben den AHV-Markt, so die DZG-Studie. Olivier Kölsch, Studienexperte und Geschäftsführer Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, führt dazu aus: »In der Branche ist Nachhaltigkeit eigentlich kein Thema mehr, sondern ein Metathema. Hier sind wir immer bestrebt, die Erwartungen zu erfüllen bzw. bei dem Thema aktiv voranzugehen.« Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks reichen von der Umstellung auf Ökostrom und CO2-Kompensationsprojekten über ressourcenschonende Verpackungen und Mehrwegsysteme bis zur Kreislaufwirtschaft und verkürzten Lieferketten. Darüber hinaus werde auch stärker auf ein Angebot pflanzenbetonter, regionaler und saisonaler Speisen gesetzt, da dies nicht nur von den Gästen erwartet werde, sondern in Zeiten inflationärer Weltmarktpreise auch aus betrieblicher Sicht unumgänglich sei.

»Unsere Untersuchung zeigt, dass die mit der Corona-Pandemie einhergegangenen Veränderungen die Segmente des Außer-Haus-Marktes in unterschiedlicher Weise getroffen haben«, so Autorin Prof. Dr. Rückert-John. Jeder geschlossene Betrieb bedeute nicht nur einen Verlust für Gastronomie und Mitarbeitende, es bedeute auch einen kulturellen Verlust und für die Menschen, die dort ihre Speisen bezogen haben, persönliche Einschränkungen. »Deutschland braucht Vielfalt in der Außer-Haus-Verpflegung und daher ist es wichtig, dass die Branche von der Politik mit ihrer großen Alltags- und Sozialrelevanz besser wahrgenommen wird«, ergänzt DZG-Sprecher Klinge.

Die Studie zur Außer-Haus-Verpflegung in Post-Corona-Zeiten kann man über die DZG-Webseite bis Ende Juni kostenfrei abrufen. Die Umsetzung der Studie erfolgte mit finanzieller Unterstützung von Edeka Foodservice (Lebensmittel-Großhandel), Intergast (Lebensmittel-Großhandel), Ecolab (Reinigung & Hygiene) und Weitblick (Arbeitskleidung).

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