Natürliche Kältemittel und ihre Anforderungen an Schmierstoffe
Kälteversorgung
Die Kälteindustrie befindet sich im Wandel. Die globale Gesetzgebung beschränkt den Einsatz der Kältemittel, die in hohem Maße zum Abbau der Ozonschicht sowie zum globalen Treibhauseffekt beitragen. Als Folge setzen Unternehmen zunehmend auf natürliche Kältemittel wie Ammoniak (NH3), Kohlendioxid (CO2) und Kohlenwasserstoffe, um die Umwelt zu entlasten.
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Der Wechsel zu natürlichen Alternativen bringt für die Betreiber eine Reihe neuer Herausforderungen mit sich, insbesondere hinsichtlich der Schmierstoffe. Die Kälteindustrie gilt, was das Thema der Schmierstoffe betrifft, schließlich als eine der komplexesten Industriesparten. Die nachfolgenden Informationen sollen Unternehmen darin unterstützen, die sich aus dem Wandel in der Kälteindustrie ergebenden Herausforderungen zu meistern.
Natürliche Kältemittel
Als Folge der gesetzgeberischen Maßgaben verzeichnen die drei wichtigsten Kältemittel nach einem aktuellen Bericht über die Entwicklungen im Kältemittelbereich zurzeit das größte Wachstum. An der Spitze liegt CO2. Basierend auf der steigenden Nachfrage für Kältetechnik- und Klimatechnikanwendungen in Großmärkten und Lebensmittelketten ist in den vergangenen Jahren CO2 im Kältemittelmarkt stark gewachsen. Ammoniak-Kältemittel erlebten im Jahr 2015 das stärkste Marktwachstum. Heute positionieren sie sich hinter den Kohlenwasserstoffen. Kohlenwasserstoff-Kältemittel werden voraussichtlich auf der Basis ihres Einsatzes in Haushaltskühlgeräten ein Wachstum verzeichnen.
Der entscheidende Vorteil von CO2 zeigt sich in seinen Kältemittel-Eigenschaften: Es hat ein Ozonabbaupotenzial (ODP = Ozon Depletion Potential) von null sowie ein Treibhauspotenzial (GWP = Global Warming Potential) von eins. Im direkten Vergleich zu fluorierten Kohlenwasserstoffen (FKW), deren GWP zwischen 4,1 und 4,8 liegt, liegen die Vorteile von CO2 auf der Hand. Zu den weiteren Vorteilen zählen, dass CO2-Systeme kleiner als FKW-Systeme sind und zudem in unterschiedlichen Konfigurationen konzipiert werden können, etwa als System mit Direktverdampfung oder mit Sekundärkreislauf. CO2 verfügt zudem über besonders gute Wärmeübertragungseigenschaften, wodurch sich ein System innerhalb von drei Jahren amortisieren kann. CO2-Systeme zeichnen sich durch eine geringe Toxizität aus und sind nicht entflammbar. CO2 eignet sich allerdings aufgrund höherer Drücke bei Stillstand und im Betrieb nicht für die Umrüstung in FKW-Systemen.
CO2 und seine Anforderungen
Systeme, die CO2 als Kältemittel nutzen, zeichnen sich durch spezielle Anforderungen aus, insbesondere was die Schmierstoffe angeht. Entscheidend sind hier die hohen Betriebsdrücke sowie die Löslichkeit, die in unterkritischen Kaskadensystemen ebenso wie in transkritischen CO2-Anwendungen auftreten. Hohe Betriebsdrücke (ein Stillstanddruck von 50 bis 130 bar) und Temperaturen verursachen im Vergleich zu FKW-Systemen höhere Lasten und Belastungen an den Lagern sowie an anderen beweglichen Bauteilen. Dies stellt besondere Anforderungen an die Schmierstoffe.
Da CO2 ein höheres Lösevermögen hat als FKW, können zudem Schmierstoffe für traditionelle Anwendungen nicht genutzt werden. Doch synthetische, speziell für kältetechnische Anwendungen konzipierte Schmierstoffe halten dem hohen Lösevermögen von CO2 stand. Sie bieten zudem Schutz vor unzureichender Schmierung, die zu einem Lagerverschleiß führen kann, vor einer verkürzten Komponentenlebensdauer sowie einem erhöhten Instandhaltungsaufwand. Ungeeignete Schmierstoffe können eine unzureichende Abdichtung von Zwischenräumen und Kompressionsverlust zur Folge haben, eine geringere Kompressionseffizienz, höhere Betriebskosten und einen höheren Energieverbrauch bewirken.
Als »natürliche« Lösung haben Ammoniak-Kältemittel eine lange Tradition. Nach Einführung der Fluorchlorkohlenwasserstoffe in den 1920er-Jahren wurden sie jedoch aus dem Verkehr genommen. 2015 erlebte Ammoniak dann tatsächlich das höchste Wachstum aller Kältemittel. Wie sein Gegenpart, das CO2, bietet es spezifische Vorteile und stellt besondere Anforderungen. Mit einem GWP und einem OPD von null ist Ammoniak eine der umweltfreundlichsten Kältemitteloptionen. Es verfügt zudem über exzellente thermodynamische Wärmeübertragungseigenschaften, die eine Nutzung von Anlagen mit kleineren Wärmetransferflächen ermöglichen und damit zur Senkung der Herstellungskosten beitragen. In den meisten Ländern ist Ammoniak zudem günstiger als FKW. Es bietet eine um drei bis zehn Prozent höhere Effizienz und trägt somit zur Reduktion der Energiekosten bei.
Hinsichtlich der Schmierstoffe reduziert der geringe Dampfdruck von Ammoniak den Ölverbrauch und die erforderlichen Nachfüllmengen. Sein niedriges Lösevermögen hilft, Viskositätsänderungen vorzubeugen und damit einen breiten Betriebstemperaturbereich aufrecht zu erhalten.
NH3 und seine Anforderungen
Obgleich Ammoniaksysteme mit geringerem Druck arbeiten als CO2-Systeme, erfordern sie eine präventive, druckabhängige Wartung. Dies ist besonders wichtig aufgrund des toxischen Charakters von Ammoniak. Seine Entflammbarkeit in Verbindung mit seiner Toxizität verlangt von Ingenieuren, die mit Ammoniak-Kältemitteln umgehen, ein hohes Schulungsniveau. Ammoniak ist nicht mischbar mit den meisten Ölen. Dies kann die Schmiermitteleffizienz vermindern. Seine hohe Betriebstemperatur kann zudem die Effizienz von Mineralölen verringern – ein Problem, das mit Einsatz von synthetischen Ölen gelöst werden kann.
ExxonMobil hat kürzlich zwei neue Produkte vorgestellt, um die Herausforderungen zu bewältigen, die natürliche Kältemittel an Schmierstoffe stellen. »Mobil Gargoyle Arctic 68 NH«, ein besonders fortschrittlicher mineralischer Schmierstoff für Anwendungen mit Ammoniak als Kältemittel, sowie »Mobil SHC Gargoyle 80 POE«, ein Hochleistungsschmierstoff für CO2-Anwendungen.
Neue Schmierstoffe
»Mobil SHC Gargoyle 80 POE« wurde speziell für die Schmierung von Kompressoren mit CO2 als Kältemittel entwickelt. Es bietet einen besonders hohen Verschleißschutz sowie chemische und thermische Stabilität. Seine spezielle Formulierung gewährleistet äußerst gute Fließeigenschaften bei niedrigen Temperaturen, die Aufrechterhaltung der Viskosität während des Betriebs und leistet dank des niedrigen Traktionskoeffizienten und damit reduzierten Reibungsverlusten einen potenziellen Beitrag zu einer Effizienzsteigerung des Systems im Vergleich zu mineralischen Ölen. Der verbesserte Schutz sensibler Komponenten, längere Wartungsintervalle, geringere Öl- und Kolbentemperaturen sowie niedrigerer Energieverbrauch sind nur einige der Vorteile, die bereits in der Praxis in Feldtests mit Kunden nachgewiesen wurden. Der Hochleistungsschmierstoff ist ein modernes Polyolesteröl, das speziell für Kältekompressoren entwickelt wurde, in denen CO2 (R744) als Kältemittel verwendet wird, zum Beispiel zur Tiefkühlung von Lebensmitteln in Schlachthöfen, in Kühllagern oder während des Transports.
»Mobil Gargoyle Arctic 68 NH« wurde speziell für industrielle Schrauben- und Kolben-Kältekompressoren entwickelt. Seine Formulierung unterstützt die Effizienz der Systeme, gewährleistet einen verbesserten Öldurchfluss innerhalb eines weiten Temperaturbereichs und bietet Kosten- sowie Leistungsvorteile.
In der Eisfabrik eines Kunden konnten durch den Einsatz des Öls in Verbindung mit der »Mobil Serv«-Schmierstoffanalyse der Ölverbrauch reduziert und die Ölwechselintervalle optimiert werden. Bei diesem Schmierstoff handelt es sich um ein Hochleistungskältekompressorenöl, das besonders in Kolben- und Schraubenverdichtern, die mit Ammoniak kühlen (NH3, R-717) , sehr hohe Leistungen zeigt. Es basiert auf einer hochwertigen Mineral-Paraffin-Technologie und wird besonders in der Lebensmittelindustrie zum Tiefkühlen und in Kühllagern sowie in kältetechnischen Anwendungen in der Schifffahrt eingesetzt.