Clever kombiniert

Artikel vom 6. März 2025
Verpackungsmaschinen, Palettiermaschinen / Abräumer

Bei der Badischen Staatsbrauerei Rothaus AG ging eine neue Anlage im Bereich der Multipack-Verpackungen in Betrieb. Diese sollte im Vergleich zur Bestandsanlage noch moderner, leistungsstärker und exakter beim Ausrichten der Etiketten sein. Erfolgreich gelöst wurde diese Herausforderung, indem zwei Maschinenbauer ihre Kernkompetenz zu einem gemeinsamen Prototyp zusammenführten.

Der Maschinenprototyp kombiniert die Multipack-Applikation und die Etikettenausrichtung in einem gemeinsamen Maschinengestell (Bild: EOL).

Der Maschinenprototyp kombiniert die Multipack-Applikation und die Etikettenausrichtung in einem gemeinsamen Maschinengestell (Bild: EOL).

Die Gründungslegende der 1791 gegründeten Brauerei Rothaus besagt, dass Martin Gerbert, Fürstabt der Benediktiner, die Schwarzwälder mit dem Bier vom selbstgebrannten »Wässerle« abbringen wollte. Ziel war es, »sein Ländle« auf diesem Wege fitter und damit konkurrenz- und wirtschaftsfähiger zu machen. Es gibt aber auch eine weitere, etwas weniger romantische Entstehungsgeschichte. Diese besagt, dass Gerbert schlicht marktorientiert handelte. Als Beleg wird dabei die Tatsache genannt, dass parallel zur Brauerei auch eine Schnapsbrennerei gebaut wurde.

Die Brauerei ist inzwischen auch wieder für Hochprozentiges bekannt, und zwar für gebranntes Bier, sprich Whisky. Der »Rothaus Black Forest Single Malt« hat seit 2009 etliche Auszeichnungen erhalten. Die Brauerei lässt im Jahr 10.000 Flaschen von einem Partner destillieren − aus Überzeugung und Strategie, wie Alleinvorstand Christian Rasch verdeutlich: »Der Whisky ist regelmäßig ausverkauft – ein Erfolg, der natürlich auch auf unsere Biere zurückstrahlt.«

Hinter dem Erfolg der Badischen Staatsbrauerei Rothaus AG stehen vier Konstanten: ein klares Bekenntnis zur Heimat Schwarzwald, eine über jeden Zweifel erhabene Qualität, die Kontinuität in der Markenführung und nicht zuletzt: die stetige Investition in ihre technische Ausstattung − und zwar sowohl mit Blick auf das Produkt als auch hinsichtlich Nachhaltigkeit. Dank Holzschnitzelanlage werden bereits 80 Prozent der Dampfwärme aus Biomasse erzeugt. Bis 2030 will die Brauerei dann klimapositiv sein, also mehr Energie regenerativ erzeugen als sie selbst verbraucht. Dazu sollen in diesem Zeitintervall insgesamt 40 Millionen Euro investiert werden.

Kleine, praktische Verpackungen liegen im Trend

Das gilt selbstverständlich auch für die Verpackung, in der das Bier in den Handel kommt.

Neben dem »TopClip«-Greifer ist deren Magazin ebenfalls eine Neuentwicklung (Bild: EOL).

Neben dem »TopClip«-Greifer ist deren Magazin ebenfalls eine Neuentwicklung (Bild: EOL).

Hier setzt die Brauerei zum Beispiel seit Jahren auf den Multipack »TopClip«, der die Flaschen nicht wie ein klassisches Six-Pack komplett umschließt, sondern mit einem Kartonzuschnitt lediglich die Flaschenhälse fixiert und so die »Herrenhandtasche« transportabel macht. Weniger ist bekanntlich manchmal mehr.

»Wir haben in diesem Segment einen stabilen Absatz mit leichter Steigerung. Der Trend geht aber weiterhin zu kleinen, praktischen Verpackungen. Dafür wollten wir gerüstet sein, deshalb haben wir uns für eine Investition in diese Verpackungsvariante entschieden«, blickt Simon Herzog, Leiter Abfüllung bei Rothaus, zurück.

Die Ziele dieser Investition waren klar definiert: mehr Leistung, modernere Technik sowie eine höhere Genauigkeit in der Etikettenausrichtung. Hinzu kam als wichtige Besonderheit, dass Rothaus keine komplette Neuanlage wollte. Die neue »TopClip«-Maschine musste vielmehr über einen Art Bypass an die Bestandsanlage angekoppelt werden.

Roger Jäger, der sich inzwischen im Ruhestand befindliche vormalige Abfüllleiter, erläutert den Grund dieser Vorgabe: »Es ist geplant, die neue Maschine später innerhalb des Standorts zu verlagern. Daher haben wir die alte Anlage nicht durch eine neue ersetzt.« Das angestrebte System sollte es außerdem erlauben, entweder mit der Bestands- oder aber mit der Neuanlage produzieren zu können.

Suche nach geeigneten Partnern mit Know-how

Nach Definition aller Rahmenbedingungen konnte es mit der Umsetzung zügig losgehen. Aber hierzu war zuerst eine besondere Hürde zu nehmen, wie sich Jäger erinnert: »Wir brauchten erst einmal einen Maschinenlieferanten für diese Art der Verpackung, der unsere Vorgaben auch zuverlässig umsetzen kann.«

Innerhalb der Maschine werden an zwei Stationen jeweils drei Kästen ausgerichtet und mit den »TopClips« versehen. Der Prototyp erreicht dabei eine Maximalleistung von 27.000 0,33-Liter-Flaschen pro Stunde (Bild: EOL).

Innerhalb der Maschine werden an zwei Stationen jeweils drei Kästen ausgerichtet und mit den »TopClips« versehen. Der Prototyp erreicht dabei eine Maximalleistung von 27.000 0,33-Liter-Flaschen pro Stunde (Bild: EOL).

Fündig wurde Rothaus bei der EOL-Gruppe, namentlich bei den Schwesterunternehmen BMS und A + F. Ein interdisziplinäres Team beider Unternehmen führte dabei die Multipack-Einheit sowie die Etikettenausrichtung in einem gemeinsamen Maschinengestell zu einem Prototyp zusammen. Das Achssystem zur Aufbringung der »TopClips« war beispielsweise eine bereits vielfach bewährte Konstruktion, der Greifer sowie das Magazin für die Kartonzuschnitte sind dagegen Neuentwicklungen. Das Ausrichten der Flaschen im Kasten war wiederum vom Packerbau her bekannt. Dazu wird im Zulauf die Lage der Etiketten detektiert und den Servomotoren der Ausrichteinheit der jeweils notwendige Drehwinkel der Packtulpe vorgegeben. Dabei werden immer drei Kästen zusammen verarbeitet.

Der »TopClip« selbst wird an zwei aufeinanderfolgenden Stationen auf die drei ausgerichteten Kästen appliziert. Die Zuschnitte werden dazu im Magazin vorgelegt. In dem Moment, an dem ein Zuschnitt entnommen wird, erfolgt auch dessen automatisches Aufrichten. Ausgelegt ist der Maschinenprototyp auf eine Stundenleistung von 27.000 0,33-Liter-Flaschen. Beim eigentlichen Maschinenbau wurden auch kundenspezifische Vorgaben wie die Art der Packtulpen oder die der Antriebstechnik durchgängig berücksichtigt.

Als hilfreiches Werkzeug bei dieser Maschinenentwicklung erwies sich die virtuelle Inbetriebnahme. Abgeklärt wurde damit zum Beispiel das Durchtakten der Kästen – lange vor der eigentlichen Baustelle. Die virtuelle Inbetriebnahme geht dabei weit über die reine Computersimulation hinaus. Das Programm steuert exakt die SPS an, die beim Kunden zum Einsatz kommen wird, und diese wiederum die Simulation. Die in diesen Tests nahezu unter Einsatzbedingungen gewonnenen Erkenntnisse helfen dabei, die Anlagenkonstruktion sowie die spätere Inbetriebnahme beim Anwender bestmöglich zu gestalten.

Geeignet für 0,5- als und für 0,33-Liter-Gebinde

Der von Rothaus georderte Lieferumfang umfasste konkret zwei Gebindeschleusen zur Anbindung an die Bestandsanlage, den Gebindetransport, die neuentwickelte Multipack-Maschine, die Flascheninspektion sowie die Automatisierung. Zusätzlich wurde noch ein vorhandener Inspektor, der vor der Palettierung den korrekten Sitz der »TopClips« kontrolliert, modernisiert und eingebunden. »Nach der Anlieferung wurde die Montage im geplanten Zeitraum abgeschlossen«, so Jäger. »Da es sich bei der Maschine um einen Prototyp handelt, war mir bewusst, dass es noch Nachbesserungen geben wird. Diese wurden aber schnell und kompetent gelöst.«

Geeignet ist der Prototyp sowohl für das 0,5- als auch das 0,33-Liter-Gebinde. Aus einem 20er-Kasten werden so fünf Multipacks mit jeweils vier Flaschen in Reihe. Beim 24er-Kasten ist die Variante vier Multipacks mit zwei Reihen zu je drei Flaschen vorgesehen. Selbstverständlich eignet sich die Neuentwicklung auch für weitere Applikationen. Grundsätzlich gilt dabei: Alles, was stabil genug ist, damit ein Multipack aufgesetzt werden kann und der Behälter sich drehen lässt, ist potenziell verarbeitbar.

Rundum zufrieden mit der neuen Maschine

»Die Aufgabenstellung wurde sehr gut gelöst. Das gilt sowohl mit Blick auf die maschinenseitige Umsetzung als auch die erbrachte Stundenleistung. Damit können wir die benötigte Produktionsmenge in erheblich kürzerer Zeit bereitstellen«, resümiert Jäger. Und Herzog nennt einen weiteren Aspekt: »Die Bestandanlage richtet die Flaschen nicht immer zufriedenstellend aus. Hier gibt und gab es regelmäßig falsch ausgerichtete Flaschen. Die neue ›TopClip‹-Maschine ist in dieser Hinsicht viel zuverlässiger und exakter.« Manchmal kochen mehrere Köche halt doch den besseren Brei.

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