Vorreiter mit Tradition
Abfüll- und Verpackungsmaschinen, Palettiermaschinen / Abräumer
Die Andechser Klosterbrauerei installierte eine neue Glas-Mehrweglinie. Dadurch erhöhte sich die Produktionskapazität, zugleich wurde der Ressourcenaufwand minimiert. Mit 70 dezentralen Antriebseinheiten von SEW-Eurodrive zog moderne, energieeffiziente Antriebstechnik in die Traditionsbrauerei ein. Dieses Projekt war die erste Anlage mit dezentraler Technik des Antriebsspezialisten, die für einen Brauereikunden in Deutschland installiert wurde.
Seit 1455 beten und arbeiten Benediktinermönche in Andechs. Das Kloster hat eine eigene Landwirtschaft und natürlich die berühmte Brauerei mit Klostergasthof sowie »Bräustüberl«, das seit Jahrhunderten als Pilgergaststätte bekannt ist. Die klösterlichen Wirtschaftsbetriebe beschäftigen heute zusammen etwa 200 Mitarbeitende.
Neubau und Erweiterung
Die Andechser Brautradition wird fortlaufend durch moderne Methoden und Verfahren weiterentwickelt. Vor wenigen Jahren traf die Brauerei die Entscheidung, für eine höhere Produktionsleistung in zeitgemäße Abfüll- und Transporttechnik zu investieren. »Die Flaschenfüllerei musste erneuert werden, nachdem sie fast 30 Jahre in Betrieb war«, erläutert Stefan Müller, Leiter Betriebstechnik der Klosterbrauerei. Die seinerzeit verbauten Komponenten waren nicht mehr auf dem Stand der Technik. Ein weiterer Fokus lag auf der Umweltverträglichkeit der Anlage, vor allem in Hinblick auf den Energieeinsatz. »Innerhalb kürzester Zeit sollte der Umbau erfolgen. Um einen längeren Stillstand zu vermeiden, wurde für die Füllerei ein neues Gebäude errichtet«, fährt Müller fort. Dadurch war ein kurzer Wechsel der Produktion in nur wenigen Tagen möglich. Zugleich sollten auch neue Lagerkapazitäten geschaffen werden. So wird das bisherige Gebäude heute als Lager für circa 1500 Leergutpaletten genutzt.
Dezentrale Installation
Für den Neubau beauftragte die Klosterbrauerei die BMS Maschinenfabrik mit der Entwicklung des Gesamtlayouts der Mehrweglinie. Parallel dazu erfolgte die Implementierung von Transportmodulen im Nass- und Trockenteil. »Bei den Antrieben haben wir uns aus mehreren Gründen für SEW-Eurodrive entschieden«, berichtet Müller. »Die dezentralen Antriebe ›Movimot‹ hatten wir schon im Einsatz und gute Erfahrungen mit dieser Technologie gesammelt. Von SEW-Eurodrive bekamen wir die Zusage, dass wir bei der Inbetriebnahme der neuen Technik voll unterstützt werden.«
Albert Schenker, Kundenbetreuer im »Drive Technology Center Süd« des Antriebsherstellers in Kirchheim/München, bestätigt: »Natürlich war der Support aus Kirchheim jederzeit gewährleistet. Sowohl für die Klosterbrauerei Andechs als auch für uns war bei diesem Projekt vieles ganz neu. Ich empfahl dem Kunden ›Movi-C‹, unsere neueste Technik. Es war die richtige Entscheidung für beide Seiten.« Sicher spielte auch die regionale Nähe eine Rolle, zum Beispiel bei eventuellen Service-Fällen, denn die Brauerei hat keine große Lagerhaltung.
Mittlerweile ist die neue Abfüllanlage seit vier Jahren in Betrieb, zur vollen Zufriedenheit des Kunden. Mit ihr wurde die Abfüllleistung von 20.000 auf 24.000 Flaschen pro Stunde erhöht. Gleichzeitig konnte der dafür notwendige Energieeinsatz reduziert werden.
Betriebsabläufe in der Füllerei
Der Materialfluss in der neuen Füllerei stellt sich folgendermaßen dar: Bierkästen mit leeren, gebrauchten Flaschen werden auf Paletten in den Lagerbereich geliefert und dort entladen. BMS setzte zwei Palettierer »Unipal 105« zur Be- und Entpalettierung dieser Kästen ein. Dann werden sie auf Rollenförderern in die benachbarte Füllerei transportiert. Dort erfolgt zunächst eine Prüfung, ob die Kästen in Ordnung sind und die Flaschen automatisch ausgeladen werden können. Falls nicht, wird der Kasten ausgeschleust und manuell ausgepackt. Das kann zum Beispiel erforderlich sein, falls etwas verklemmt ist oder eine Flasche quer im Kasten liegt. Anschließend wird der Kasten zum Entkorker transportiert, danach zur Flaschenkontrolle.
»Eine Leerguterkennung prüft in den Kisten, was standardisierte NRW-Flaschen sind, die wir verarbeiten, und was Fremdflaschen sind«, erläutert Stefan Müller. »Das ist notwendig, weil es im Handel viele unterschiedliche Flaschenformen gibt. Daher kann der Anteil der Fremdflaschen teilweise bis zu 30 Prozent betragen.«
Ein Sortierauspacker »Unipack 103« von BMS, dessen Packköpfe einzeln ansteuerbar sind, sortiert die NRW-Flaschen zuverlässig aus. Alle anderen gelangen auf ein separates Band, werden dann manuell in Kisten eingepackt und in ein Tauschlager transportiert. Die Leerkästen fahren zum Kastenwascher, werden dort gereinigt, anschließend zum Flascheneinpacker transportiert und somit in den Kreislauf zurückgeführt.
Reinigung und Inspektion
Die NRW-Leerflaschen werden zu einer Flaschenreinigungsmaschine von Krones befördert. Neben einem hohen Durchsatz geht sie ressourcenschonend mit Gas und Frischwasser um. Für mehr Energieeffizienz sorgen auch die Antriebseinheiten »Movigear performance«, die die Zu- und Abführbänder mit den Flaschen antreiben. Nach der Reinigung durchlaufen sie einen Leerflascheninspektor, der mithilfe eines Kamerasystems sowie mit Infrarot und Ultraschall prüft, ob sich Restflüssigkeit in der Flasche befindet, ob die Flasche verschmutzt ist, einen Riss hat und die Mündung in Ordnung ist – kurzum alles, was heute technisch möglich ist.
Abfüllung bis Palettierung
Anschließend werden die inspizierten Flaschen über Förderbänder zur Abfüllung transportiert.
Ein Flaschenfüllerkarussell von Krones evakuiert die Flaschen zunächst und spült sie dann mit CO2. Zur Vermeidung von Sauerstoffeinlagerung und um den Druck aus dem Getränk auszugleichen, werden sie ein weiteres Mal evakuiert und noch einmal gespült. Die Bierflaschen werden so befüllt, dass sie überschäumen und dann sofort verschlossen. Anschließend werden der Füllstand kontrolliert sowie die Flaschen abgespült und etikettiert. Schließlich packt eine BMS-Portalmaschine »Unipack 2.0« die Flaschen in Kisten, die anschließend zur Palettierung ins Lager transportiert werden. Hier kommen die beiden BMS-Palettierer »Unipal 105« erneut zum Einsatz, jetzt zur Palettierung der Bierkästen. Somit schließt sich der Materialkreislauf.
Antriebe für Förderstrecken
»An den zahlreichen Förderstrecken für Kästen und Flaschen wollte der Kunde energieeffiziente Antriebe in dezentraler Technik einsetzen«, erläutert Albert Schenker. »Somit waren die Antriebseinheiten ›Movigear performance‹ aus dem Automatisierungsbaukasten ›Movi-C‹ prädestiniert. Sie haben die Energieeffizienzklasse IE5 und lassen sich über Profinet ansteuern, was ein weiterer Wunsch des Kunden war.«
Die Antriebseinheiten »Movigear performance« werden für waagerechte Förderstrecken eingesetzt und benötigen daher keine Bremse.
Für schräge Förderstrecken, die eine Bremse erfordern, kommen Standard-Asynchronmotoren zum Einsatz, die über motornahe Umrichter »Movimot flexible« aus dem Automatisierungsbaukasten »Movi-C« gespeist werden. Dank seiner horizontalen Durchgängigkeit – durch alle Elektronikprodukte – lassen sich unterschiedliche Motortypen mit nur einem Umrichtertyp ansteuern und man benötigt nur eine Engineeringsoftware.
»Dieses Projekt war die erste Anlage mit ›Movigear performance‹ und integrierter Antriebselektronik, die SEW-Eurodrive für einen Brauereikunden geplant hatte und die erste, die in Deutschland installiert wurde«, erinnert sich Kundenbetreuer Schenker. »Wir haben einen guten Draht nach Kirchheim und immer Vertrauen zu SEW-Eurodrive gehabt. Zudem schätzen wir sehr die Offenheit, mit der SEW uns begegnet«, ergänzt Betriebstechnikleiter Stefan Müller. Auch die BMS Maschinenfabrik, die mit dem Antriebshersteller schon in vielen Projekten zusammenarbeitete, war bereit, alle technischen Anforderungen mit der neuen, dezentralen Technik umzusetzen.